Jahresarchiv 24. Dezember 2020

Prof. Harald Zeiss neues Beiratsmitglied der DZT

Die 123. Mitgliederversammlung der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) hat auf ihrer Sitzung am 12. November zahlreiche Neubesetzungen in den Spitzengremien der Organisation beschlossen.

Prof. Dr. Harald Zeiss wurde einstimmig in den Beirat der DZT berufen. Der Beirat gewährleistet laut Satzung der DZT durch Anregungen, Erfahrungsaustausch und sachkundige Beiträge die ständige Verbindung zur Praxis des Tourismus.

Als Mitglieder des Beirats sind Repräsentanten der Bundes- und Länderpolitik sowie die Fördermitglieder gesetzt. Auf Vorschlag des Verwaltungsrats wählte die Mitgliederversammlung acht Vertreter von Unternehmen und Verbänden in das Gremium.

Neue Beiratsmitglieder sind Prof. Dr. Bernd Eisenstein, Direktor DITF Deutsches Institut für Tourismusforschung, Karina Kaestner, Leiterin Partnermanagement DB Vertrieb GmbH, Prof. Dr. Harald Zeiss, Professor für Tourismusmanagement, Schwerpunkt Nachhaltigkeit Hochschule Harz.

Sie übernehmen die ehrenamtlichen Aufgaben von Persönlichkeiten, die aus Altersgründen oder aufgrund beruflicher Veränderungen nicht mehr zur Wahl standen.

Erstes Hotel wird UN-Umweltpreisträger

Das Bucuti & Tara Beach Resort ist das erste Hotel weltweit, das den UN-Umweltpreis gewonnen hat. Das ist insofern erstaunlich, dass der Preisträger auf Aruba liegt. Bis jetzt ist dieses Land noch nicht in besonderem Maße als nachhaltige Destination hervorgetreten. Aber das kann sich jetzt ändern.

Das Bucuti & Tara Beach Resort ist ein Vorbild, wenn es um nachhaltiges Hotelmanagement geht. Es ist das erste klimaneutrale Hotel der Karibik und dafür als erstes Resort weltweit mit dem „Global United Nations Climate Action Award“ ausgezeichnet worden.

Die Auszeichnung verleihen die Vereinten Nationen seit zehn Jahren jährlich an Unternehmen, die sich besonders in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz engagieren. Bisher erhielten aber nur Unternehmen wie Apple oder Infosys die Auszeichnung. „Die Tatsache, dass nun ein Hotel der Preisträger ist, zeigt, dass jede einzelne Institution der Reisebranche einen Teil zum Umweltschutz beitragen kann“, heißt es von den Vereinten Nationen in einer Mitteilung.

Für den österreichischen Inhaber Ewald Biemans ist diese Auszeichnung aber nur eine weitere Etappe in seiner bisherigen Umweltkarriere. Biemann setzt sich bereits seit Gründung seines Unternehmens im Jahr 1987 für mehr Umweltschutz im Tourismus ein. Und er hat noch große Pläne wie er in einem Interview berichtet.

Bereits kurz nach der Gründung Biemans mit den ersten Umweltschutzmaßnahmen. Anlass war, dass ihn ein deutscher Gast darauf angesprochen habe, wieso Bier aus Flaschen oder Dosen in Plastikbechern serviert werde – was ihn zum Nachdenken anregte. Und dann änderte sich alles.

Im Laufe der Zeit wurden viele Prozesse umgestellt. Die Nachhaltigkeitsinitiative des Resorts umfasst einen ganzen Katalog an Umweltmaßnahmen:

  • Jeder Gast erhält eine wiederverwendbare Wasserflasche, wodurch 290.000 Einwegflaschen eingespart werden.
  • Grauwasser wird wiederaufbereitet und zur Bewässerung genutzt.
  • Lebensmittelabfälle konnten um 30 Prozent reduziert werden.
  • Ein spezielles Wäschereisystem reduziert den Wasserverbrauch.
  • Die Hotelzimmer sind mit Bewegungssensoren ausgestattet. Verlässt der Gast das Zimmer, wird die Kühlleistung der Klimaanlage heruntergefahren, sodass pro Jahr zwischen 32 und 38 % Energie gespart wird.
  • Recycling von Müll und Abfällen in zahlreichen Bereichen.
  • Die Geräte im Fitnessstudio produzieren bei der Benutzung Strom, welcher ins Stromnetz des Resorts eingespeist wird.
  • Bestellungen beispielsweise von Lebensmitteln werden gemeinsam mit anderen lokalen Unternehmen getätigt, um die Anzahl von Importen auf die Insel zu reduzieren.

Das sich das rechnet, kann der Geschäftsführer bestätigen: „Es ist durchaus möglich, ein finanziell erfolgreiches Hotel zu führen, den Gästen einen unvergesslichen Urlaub zu bieten und gleichzeitig nachhaltig Verantwortung zu übernehmen. Bucuti & Tara beweist jeden Tag, dass denkwürdige Ferien und Nachhaltigkeit sich gegenseitig einschließen. Der Klimawandel betrifft jeden, daher hat jeder Hotelier weltweit ein Interesse daran, ihn zu korrigieren.“

Der Tourismus ist in der Tat Verursacher und Leidtragender des Klimawandels zugleich. Zwischen 3 % und 5 % der weltweiten Emissionen stammen aus dem Tourismus. Insofern geht das Bucuti & Tara Beach Resort mit gutem Beispiel voran und wurde zurecht von den vereinten Nationen ausgezeichnet.

Herausforderung Pools und Nachhaltigkeit

Zu einem Strandurlaub gehören nicht nur der Strand und das Hotel, sondern auch ein oder mehrere Pools. Eigentlich ist das überraschend, denn in den meisten Fällen lädt ein Meer zum Baden ein. Aber unsere Gesellschaft tickt da anders: Für einen gelungenen Urlaub sollte sowohl eine Option für das Baden in Süßwasser wie auch in Salzwasser vorhanden sein.

Das Betreiben eines Pools ist keine leichte Aufgabe. In der Regel benötigt ein Schwimming-Pool viel Energie. Und für die Wasseraufbereitung kommen Chlor und anderen Chemikalien zum Einsatz. Kann man heutzutage Pools nicht auch nachhaltig oder zumindest nachhaltiger betreiben?

Ohne Chemie geht’s kaum

Chlor, dessen typischen Geruch man aus öffentlichen Schwimmbädern kennt, kommt häufig auch in konventionellen Hotelpools zum Einsatz. Dabei gäbe es Alternativen in Form von Schwimmteichen, bei denen das Wasser chemiefrei durch die spezielle Bepflanzung auf natürliche Weise gereinigt und aufbereitet wird.

Allerdings ist das in Hotelanlagen häufig nicht oder nur eingeschränkt möglich. Zum einen benötigt man den entsprechenden Platz für die Vegetation, zum anderen muss der Pool auch eine hohe Anzahl von Badegästen – inclusive Sonnencreme und Schminke, die sich im Wasser ablöst – verkraften können.

Leider fühlen sich nicht nur wir Menschen im angenehm temperierten Poolwasser wohl. Mit Hilfe der Desinfektion wird man ungebetene Gäste wie Mikroorganismen oder Keime schnell und vor allem zuverlässig los, denn Hotels müssen für höchste Sicherheit und Hygiene beim Schwimmbadwasser garantieren. Gerötete Augen und trockene Haut sind sichtbare Zeichen eines zu hohen Chemikalien-Einsatzes.

Aber was tun gegen überschüssiges Chlor im Wasser? Wer nicht warten will, kann Natriumthiosulfat verwenden. Es wirkt als Reduktionsmittel, das freie Radikale neutralisiert. Im Schwimmbecken entfernt es überschüssiges Chlor. Ganz ohne Chemikalien kommen große Hotelpools also nicht aus. Es sei denn, sie werden statt mit Süßwasser mit Salzwasser betrieben. Aber dann können die Gäste auch gleich ins Meer zum Baden.

Solarenergie für den Pool

Immerhin ist die Frage nach der Energiegewinnung gelöst. Zum einen werden die Betriebsmaschinen wie die Umwälzpumpen immer effizienter, zum anderen haben viele Hotels bereits eine Energieversorgung mithilfe von Photovoltaik. Dann, wenn der Pool am meisten beansprucht wird – tagsüber bei Sonnenschein – liefern die Paneelen die notwendige Energie. Ganz umweltfreundlich.

Darüber hinaus gibt es erprobte Lösungen zur Gewinnung von Warmwasser. Hier kommen Solaranlagen zum Einsatz, die das Wasser ohne zusätzlichen Strombedarf erwärmen – allein aus der Kraft der Sonne. Dies ist bei gut ausgerichteten Anlagen auch noch bis in den Herbst möglich. Vorausgesetzt natürlich, dass auch die Sonne scheint.

Reiselust & Reisefrust – Tourismus nach Corona

Prof. Dr. Harald Zeiss spricht im ZDF über die Möglichkeiten , die Effekte des Overtourism nach Corona in den Griff zu bekommen (Mehr dazu unter diesem Link)

Amsterdam, Island, Venedig – diese beliebten Reiseziele wären fast an den steigenden Besucherzahlen erstickt. Anwohner fühlten sich zunehmend aus ihrer Stadt verdrängt, auch die Umwelt litt schwer unter den Folgen des sogenannten Overtourism. Billigflieger und Bilder in den sozialen Medien machten Destinationen populär wie nie.

Doch seit März 2020 steht alles plötzlich still. Historische Bilder gehen um die Welt: glasklares Wasser in Venedigs Kanälen und Tiere, die sich wieder in die Lagune trauen, die sonst den riesigen Kreuzfahrtschiffen vorbehalten ist. Auch die Bewohner entdecken, wie schön ihre Stadt ohne den Tourismus sein kann. In Amsterdam sammelt eine Bürgerinitiative über 30.000 Unterschriften. Ihre Forderung: Es darf auf keinen Fall wieder so werden wie vorher. 

Die Politik reagiert vielerorts bereits mit vollmundigen Ankündigungen: Nachhaltigkeit sei das neue Ziel. Besucher sind willkommen, doch sie sollen der Stadt und ihren Bewohnern einen Mehrwert bringen. Und sie sollen sich besser verteilen, statt sich nur auf das Zentrum zu konzentrieren. Ob das gelingen kann, zeigt die Dokumentation. Der Tourismusexperte Prof. Dr. Harald Zeiss zeigt auf, welche Faktoren Situationen wie Overtourismus auslösen und wie sich die Entwicklung nach der Coronakrise fortsetzen könnte. Dabei spielen auch die Low-Cost-Airlines und die Kreuzfahrtreedereien eine Rolle. Und nicht zuletzt die Politiker vor Ort!

Während die meisten Urlaubsorte aktuell noch um jeden Gast kämpfen, werden in anderen Gegenden die Touristen gerade jetzt zum Problem. Denn aus Angst vor Ansteckung verbringen viele Deutsche ihren Urlaub in diesem Jahr im Inland. Ob wir mit diesen Verhältnissen auch in der Zukunft rechnen müssen, darüber gibt Zeiss im knapp 30 minütigen Beitrag Auskunft.

VDR-Seminar zu Nachhaltigkeit bei Geschäftsreisen

Die VDR-Akademie lädt zum Spezial-Seminar „Nachhaltigkeit im Travel Management – Das müssen Sie wissen!“ ein. Prof. Dr. Harald Zeiss leitet das Seminar. Weiterführende Informationen stehen am Ende des Beitrags.

Nachhaltigkeit ist eines der Kernthemen im Bereich Travel- und Mobilitätsmanagement und Themenjahr des VDR 2020. Auch wenn die Corona-Pandemie aktuell viele Themen überschattet, wird es eine Zeit „danach“ geben, in der Nachhaltigkeit und Klimaschutz wieder verstärkt in den Fokus treten. Gerade jetzt bestehen mit dem Restart von Geschäftsreisen gute Chancen, den Umweltgedanken voranzutreiben und nachhaltige Mobilitätskonzepte umzusetzen. 

Dieses Webinar vermittelt die Grundlagen und zeigt Instrumente und Konzepte wie das Thema im Unternehmen angegangen und umgesetzt werden kann. Eingebettet wird das Thema in den Status der aktuellen Diskussion und gesetzlichen Rahmenbedingungen national wie international. Ziel ist, dem stark wachsenden Informationsbedürfnis nachzukommen und Fragestellungen zur klima- und umweltfreundlichen Geschäftsreise zu beantworten:

  • Was kann das Travel Management dazu beitragen, den Öko-Footprint meines Unternehmens zu senken?
  • Inwiefern kann betriebliche Mobilität zukunftsfähig gestaltet werden?
  • Wie kann ich das Thema in meinem Arbeitsumfeld positionieren?

Termine: 3. September 2020 sowie 10. September 2020

Mehr Informationen unter: https://akademie.vdr-service.de/termine/seminardetails/spezial-nachhaltigkeit-im-travel-management-das-muessen-sie-wissen-03-09-2020

Darf man noch in den Urlaub fliegen?

Im Moment darf man nur in Europa in den Urlaub fliegen, denn die Bundesregierung hat eine Reisewarnung veröffentlicht, um die Bevölkerung vor der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus zu schützen. Aber darauf zielt die Frage nach dem Flug in den Urlaub ja auch nicht ab. Der Tag wird bald kommen, an dem wir alle rein rechtlich wieder in den Urlaub fliegen dürfen. Weiter bleiben wird allerdings die Frage, ob es auch aus ethischer Sicht erlaubt ist?

Was sollte dagegen sprechen? Die Klimaemissionen des Flugzeugs, die unseren Planeten vor große Herausforderungen stellen? Weil so ein Flug im Verhältnis zu anderen Aktivitäten unglaublich viel CO2 emittiert? Oder der Umstand, dass nur eine Minderheit – nämlich wir aus der westlichen Welt – fliegt und nur 20 Prozent der Weltbevölkerung überhaupt einmal ein Flugzeug betreten haben? Aber alle Menschen auf der Welt die Auswirkungen des Klimawandels spüren? Vor allem die Menschen im Globalen Süden, die sich vor Überschwemmungen und Dürren gar nicht schützen können. 

Fliegen wird immer mehr zu einer Gewissens- und Glaubensfrage. Das beobachtet auch die Internationale Flugorganisation ICAO. Sie hat einen Maßnahmenplan verabschiedet, der Fliegen wieder klimafreundlicher machen soll. Der Plan heißt CORSIA und sieht vor, dass die künftigen Emissionen in Klimaschutzprojekten kompensiert werden sollen. Der Plan hat aber einige Schwächen und wird von Umweltschutzorganisation scharf kritisiert. Viele Punkte bleiben unklar und die ICAO hofft vor allem, dass ein technologischer Fortschritt alle Probleme in der Zukunft beseitigen wird. Dieser Fortschritt muss aber noch erfunden werden.

So bleibt es am Reisenden, zu entscheiden, was jetzt richtig und was falsch ist. Und das ist keine leichte Entscheidung. Meiner Meinung nach ist schon viel erreicht, wenn wir uns alle einfach mehr Gedanken machen und einen Flug als etwas Luxuriöses ansehen, das man sich nur selten gönnt. Ein Wochenendtrip nach Barcelona für 49 Euro wäre dann nicht mehr drin. Dafür aber vielleicht ein Urlaub in einem Land, den man seltener macht, dafür aber länger plant, um sich mit der Kultur, den Menschen und den Besonderheiten auseinander setzt. Denn Reisen soll verbinden und Brücken bauen. Und dafür wäre ein Flug notwendig und vielleicht auch gerechtfertigt.

Klima: Sind die Pariser Ziele überhaupt noch zu erreichen?

In einem Gastbeitrag für den Spiegel schreibt der Klimaforscher Stefan Ramstorf (Beitrag hier nachzulesen) über die Auswirkungen von Corona auf die Einstellung zum Klimawandel.

In den letzten Wochen gab es Medienberichte, die davor warnten, dass das Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erwärmung deutlich unter 2° Celsius zu stabilisieren, nicht zu erreichen ist. Die Autoren berufen sich dabei auf noch vorläufige Resultate der neuesten Klimamodelle verschiedener Forschungsinstitute.

Klimamodelle sind wichtige Werkzeugen der Klimaforschung. Sie sind über Jahrzehnte entwickelte, komplexe Rechenprogramme, die die Abläufe in der Atmosphäre, den Ozeanen und auf den Landoberflächen auf Basis der Gesetze der Physik simulieren. Aktuell gibt es ca. 100 dieser Modelle, betreut und weiterentwickelt von 50 Forschungszentren weltweit. Hochleistungsrechnern simulieren die Klimaentwicklungen anhand dieser Modelle.

Diese Berechnungen (vor allem die im fünf Jahres Rhythmus stattfindenden Standardmodellberechnungen CMIP) sind eine wichtige Basis für die Prognosen der Klimaentwicklung und werden auch vom Weltklimarat (IPCC) verwendet.

Aktuell wurde der CMIP6 ausgerechnet. Die Ergebnisse zeigen eine deutlich stärkere globale Erwärmung. Der Zeithorizont verkürzt sich im Vergleich zu früheren Modellgenerationen. Bislang ging die Klimawissenschaft davon aus, dass eine Verdoppelung der CO2-Menge in unserer Atmosphäre eine Erwärmung von rund drei Grad nach sich ziehen würde – mit einer Unsicherheit von bis zu 1,5 Grad (die sogenannte Klimasensitivität).

Aktuell prognostizieren 14 von 40 Modellen eine Klimasensitivität von mehr als 4,5 Grad, sieben davon sogar über fünf Grad.

Der Mittelwert aller bislang ausgewerteten Modelle liegt bei 3,8 Grad und damit um 0,6 Grad höher als bei der vorherigen Modellgeneration CMIP5.

Im Klartext heißt das, dass die Erde deutlich empfindlicher auf die Emission von Treibhausgasen reagiert. Sollten die Ergebnisse korrekt sein, müsste der CO2-Ausstoß noch schneller reduziert werden als gedacht, denn das noch zur Verfügung steht, würde kleiner.

Nun muss geprüft werden, ob die Berechnungen korrekt sind. In der Vergangenheit zeigten sich die Prognosen im Allgemeinen als sehr treffsicher, obwohl deutlich weniger Rechenleistung zur Verfügung stand. Stefan Ramstorf sieht aktuell noch keinen Handlungsbedarf, warnt jedoch davor, das Ziel, den Klimawandel zu bekämpfen, in Zeiten von Corona aus dem Auge zu verlieren.

Corona – eine Chance für mehr Nachhaltigkeit?

Das Corona-Virus hat die ganze Welt im Griff und kaum ein Tag vergeht, an dem es keine schlechten Nachrichten aus der Tourismusbranche gibt. Länder verbieten – zu recht – das Reisen und somit bleiben den Hoteliers und Gaststätten, Ausflugsanbietern und Kreuzfahrtschiffen die Urlauber aus. Auch der Geschäftsreisemarkt ist fast vollständig zum Erliegen gekommen, genauso wie der internationale Flugverkehr.

Dabei liebt die Normalität nur einige Wochen zurück und bereits jetzt stellen sich einige bang die Frage, was vom Tourismus nach der Krise übrig bleibt, wenn viele Reiseveranstalter, Reisebüros und Leistungsträger Insolvenz anmelden müssen. Oder wenn die Urlauber aufgrund von Gehaltskürzung durch Kurzarbeit und Selbstständige ohne Einkommen bei den Reisebuchungen künftig weniger Geld für Urlaub in der Tasche haben.

Da bleibt wenig Hoffnung auf positive Nachrichten und Effekte, die aus der Corona-Krise folgen könnten. Aber es gibt tatsächlich schon einige Stimmen, die laut überlegen, ob der Tourismus nicht aus der Krise lernen könnte und sich eine stärkere Widerstandskraft gegen derartige Ereignisse antrainieren könnte. Vor allem die geringe Liquidität und die prekären Arbeitsbedingungen spielen bei diesen Überlegungen eine Rolle, aber auch die Globalisierung des Flugverkehrs, der nur der Spiegel unserer schneller-höher-weiter-Gesellschaft ist.

Könnte die Corona-Epidemie am Ende auch zu einem nachhaltigeren Tourismus führen?

Was wären die Weichen, die gestellt werden müssten, um der Welt dauerhaft eine Verschnaufpause zu gönnen? Die Delfine, die es wieder in der Bucht von Venedig gibt, sind nur ein Beispiel der positiven Nachrichten aus der Presse. Aber sie sind vielleicht auch ein guter Indikator für die Zukunft, dass wir stärker auf die Notwendigkeit eines sanfteren Tourismus achten.

Im Geschäftsreisemarkt werden heute schon die größten Veränderungen erwartet. Sehr viele Arbeitnehmer sind aufgrund von Homeoffice-Vorgaben zu Videokonferenz-Spezialisten geworden. Diese Fertigkeiten werden nach Wochen der Praxis so schnell nicht wieder abgelegt und künftig auf eine größere Bereitschaft der Nutzung stoßen. Hier ist auch der Hebel am größten, denn schneller und umweltfreundlicher geht es anderswo nicht.

Ob sich die erholungsuchenden Urlauber künftig an den Computer setzen um den Strand zu genießen, darf gerne bezweifelt werden. Was man jedoch erwarten kann ist, dass Menschen größere Gruppen instinktiv vermeiden werden – zumindest so lange es keine funktionierende Impfung gibt. Das wäre fatal für den Massentourismus, der sich genau über dieses Kriterium definiert. Gewinner werden kleine Hotels und Gaststätten sein, die den Wunsch nach Individualität und Abgrenzung am besten umsetzen können. Auch die Kreuzfahrt wird mit massive Anfangsschwierigkeiten rechnen müssen, bis das Virus vollständig unter Kontrolle ist.

Was bleibt am Ende? Sicherlich eine deutliche Verbreitung von Hygienevorschriften und Desinfektionsspendern in öffentlichen Bereichen. Vielleicht werden wir an Flughäfen ein Temperaturmessgerät genau so sehen wie den Ganzkörperscanner, an den sich die Flugreisenden seit 9/11 gewöhnt haben. Dass wir Flüssigkeiten nicht mehr ins Flugzeug nehmen dürfen, ist hinlänglich bekannt. Dass wir künftig im Flugzeug Masken tragen vielleicht noch Utopie, aber vermutlich schneller unser Alltag als vielen heute bewußt ist.

Auf jeden Fall werden wir mit der nächsten Pandemie schneller und professioneller umgehen, nachdem weltweit gelernt und verstanden wurde, auf was es ankommt.

Im Zweifel steht die Gesundheit der Menschen immer über der Gesundheit der Wirtschaft.

Und die Wirtschaft ist gut beraten, sich darauf einzustellen, und die eigene Widerstandskraft für die Zukunft auszubauen. Wer allerdings die Krise übersteht, der wird wachsen können, auch weil der ein oder andere Mitbewerber nicht mehr am Markt sein wird.

Nachhaltigkeit im Urlaub spielt noch keine große Rolle

In einem Interview in der Süddeutschen Zeitung (mehr zum Nachlesen hier) bemängelt der Klimaforscher Stefan Gössling, dass die Gesellschaft den Klimawandel viel zu lange nicht ernst genommen hat. Und dass die Anstrengungen im Tourismus – ob es nun das Wiederbenutzen von Handtüchern im Hotel oder die Seife aus dem Spender ist – nur an der Oberfläche des Problems kratzen.

Gössling fordert ein radikales Umdenken, damit in der Zukunft günstige Energiepreise nicht weiter zu einer verantwortungslosen Verschwendung führen und neue Technologie eine Chance erhalten.

Destinationen müssen viel strukturierter an der Tourismusentwicklung arbeiten und sich eigene Grenzen setzen. Ein ‚immer mehr‘ führt zu einem Raubbau an den Ressourcen und leitet die Entwicklung vor Ort fehl. Wenn das Problem in den Urlaubsländern nicht gelöst wird, müssen die Reisenden mehr Verantwortung übernehmen. In diese Richtung zielen auch die Aktivitäten der Fridays-for-Future Bewegung. Jeder hat es selbst in der Hand, wie man künftig Urlaub machen möchte.

Eine aktuelle Umfrage des Portals Travelzoo zeigt jedoch, dass für die meisten Deutschen das Thema Nachhaltigkeit keine entscheidende Rolle bei der Reiseplanung spielt (mehr Infos hier). Nur 10 Prozent der Teilnehmer der Umfrage planen ihren Urlaub mit Blick auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Reise. Klassische Faktoren wie das Reiseziel, der Preis oder das Wetter waren den meisten deutlich wichtiger.

Immerhin sieht mehr als ein Viertel eine Veränderung und denkt, dass sich das Verhalten in der Zukunft ändern wird. So ist ein Großteil bereits heute bereit, einen Teil der Schäden durch Kompensation wieder gut machen zu wollen. Allerdings ist auch bekannt, dass zwischen dem was Menschen gerne machen würden und dem, was sie dann auch tatsächlich tun, ein großer Unterschied ist. Es bleibt also abzuwarten, ob die Befragten ihren Worten auch Taten folgen lassen.

Die 10 nachhaltigsten Destinationen

Dr. Edgell, ein amerikanischer Tourismusforscher, veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der zehn besten und nachhaltigsten Tourismusdestinationen.

Hier sind die Kandidaten für das Jahr 2020.

Von diesen Listen mag man halten was man will, aber sie sind zumindest eine gute Inspiration und auch Best Practices zum nachahmen.

  1. Der Cayo-Distrikt in Belize ist ein fabelhaftes Ökotourismus-/Nachhaltigkeits-Tourismusziel, das unberührte Berge, herrliche Regenwälder, imposante Flüsse, exotische Wildtiere, Maya-Tempel, wunderbare Nationalparks und fantastische Möglichkeiten bietet, die reiche Geschichte, das Erbe und die Kultur der Region zu genießen.
  2. Neuseelands Tongariro-Nationalpark vereint die besten Kriterien für einen nachhaltigen Tourismus. Die Natur- und Kulturlandschaften, die schönen Berge, die vielfältigen Ökosysteme und die einzigartige Wildnis machen den Park zu einem idealen Ort für Fotosafaris, Wanderabenteuer und Naturausflüge.
  3. Andalusiens Sierra Nevada ist der größte Naturpark Spaniens mit herrlichen Bergen und schönen Küstenlinien, beeindruckenden Stränden, malerischen Bergdörfern und einer reichen Flora und Fauna innerhalb der Region. Das UNESCO-Biosphärenreservat erfüllt als ökologisches und naturtouristisches Reiseziel die Kriterien der Nachhaltigkeit.
  4. Prince Edward Island, Kanada, ist ein einzigartiges nachhaltiges Reiseziel, das sich durch seine Geschichte, sein Erbe und seine kulturellen Programmen auszeichnet. Etwa 60 Naturgebiete wurden zur Erhaltung und zum Schutz sensibler ökologischer Gebiete unter Schutz gestellt. Sie schützen die schönen Insellandschaften und die Vielfalt der Flora und Fauna.
  5. Dominica ist wahrlich der „Garten Eden“ für Naturforscher und abenteuerlustige Reisende. Die Insel umfasst majestätische Berge, verlassene Küstenlinien, klare Flüsse, geothermische Quellen, und ein unglaubliches Grün auf der ganzen Insel. Darüber hinaus gibt es üppige Wälder und herrliche Wasserfälle sowie interessante kulturelle Attraktionen.
  6. Tasmanien, Australien ist ein ökologisch verantwortungsvolles Ökotourismusziel mit Schutzgebieten, die 42% seiner Landfläche bedecken. Dazu gehört der „Tahune Airwalk“ hoch über der Wildnis mit Blick auf den Regenwald, wo man Vögel und andere einheimische Tiere beobachten kann.
  7. Die schottischen Highlands, Großbritannien, sind durchdrungen von Geschichte, Erbe, Kultur, fantastischen Landschaften und riesigen Wildnisgebiete. Bergketten, historische Burgen, wunderschöne Landschaften und spektakuläre Seen, einschließlich des weltberühmten „Loch Ness“ stellen ein beeindruckendes nachhaltiges Reiseziel dar.
  8. Der Krüger-Nationalpark, Südafrika, ist ein riesiges Naturschutzgebiet mit einer unglaublichen Landschaft, und die Heimat von einer großen Vielfalt an Wildtieren, einschließlich der „Big Five“: Löwen, Leoparden, Elefanten, Büffel und Nashörner. Die Parkverwaltung ist bestrebt, die Schönheit zu erhalten und den natürlichen Lebensraum für die zahlreichen Tiere zu verbessern.
  9. Der UNESCO-zertifizierte Phong Nha-Ke Bang National Park, Vietnam, ist die Heimat von über 800 Wirbeltierarten, einschließlich des asiatischen Schwarzbären. Der Park hat auch die berühmte Son Doong Höhle, die größte Höhle der Welt, sowie andere spektakuläre Höhlen. Die Wälder im gesamten Park weisen eine große Anzahl seltener Flora und Fauna auf.
  10. Der Nationalpark Torres del Paine, Chile, ist ein UNESCO-Welt-Biosphärenreservat im chilenischen Patagonien, das im Grunde ein unberührtes Ökotourismusziel ist. Der Park bietet Vorzeigegletscher, wunderschöne Seen, malerische Flüsse, schneebedeckte Berge, eine lebendige Unterwasserwelt, unberührte Wildnis und eine geschützte Flora und Fauna.

Zur Information: David L. Edgell, Sr., Ph.D., emeritierter Professor der East Carolina University. Die Kriterien für die Nachhaltigkeit von Reisezielen basieren teilweise auf sechs Kriterien, die von der Initiative für nachhaltigen Tourismus von National Geographic (2002) und dem Buch Managing Sustainable Tourism (Edgell, 2020; Herausgeber: Routledge), Tourism Policy & Planning (Edgell & Swanson 2019; Herausgeber: Routledge) und persönlichen Besuchen in bestimmten Reisezielen entwickelt wurden.