Harald Zeiss Institut für nachhaltigen Tourismus Redner Vortrag Keynote Moderation

Coolcation: Warum der Trend zum Sommerurlaub im Norden wächst

Wie die Tagesschau am 20. Juli 2025 berichtet, gewinnt ein Begriff im europäischen Reisesommer zunehmend an Aufmerksamkeit: „Coolcation“. Gemeint ist damit eine bewusst gewählte Auszeit in kühleren Gefilden – statt der üblichen Hitze am Mittelmeer zieht es manche Reisende nun nach Skandinavien, Schottland oder in den Harz.

Ob dies bereits ein echter Trend ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Während die Reiseveranstalter TUI und DERTOUR bestätigen, dass nordische Länder zunehmend gefragt sind, bleibt der Anteil am Gesamtmarkt gering. Der klassische Badeurlaub in Spanien, Griechenland oder der Türkei dominiert nach wie vor – auch bei Temperaturen jenseits der 35 Grad.

Dabei sprechen einige Entwicklungen durchaus dafür, dass sich das Reiseverhalten langsam verändert. Denn mit den immer heißeren Sommern wächst der Wunsch nach erträglichem Klima, Ruhe und Natur. Skandinavien, Schottland oder das Hochgebirge bieten genau das. Allerdings sind diese Ziele bisher vor allem bei Individualreisenden beliebt, die selten über Pauschalveranstalter buchen. Die Infrastruktur – etwa Hotels und Strände – unterscheidet sich deutlich von der in Südeuropa.

Harald Zeiss: Reiseverhalten verändert sich langsam – aber spürbar

Prof. Dr. Harald Zeiss, Geschäftsführer des Instituts für nachhaltigen Tourismus und Professor an der Hochschule Harz, ordnet die Entwicklungen wissenschaftlich ein: „Touristen sind in ihrem Verhalten sehr standorttreu. Selbst nach Katastrophen kehren viele an ihre gewohnten Urlaubsorte zurück.“ Dennoch sieht Zeiss Anzeichen für eine Veränderung: Die Buchungen werden kurzfristiger, politische Krisen und das Klima spielen zunehmend eine Rolle. Besonders ältere Reisende orientieren sich verstärkt an der Nebensaison.

Zwar sei das Phänomen „Coolcation“ noch nicht wissenschaftlich belegt, so Zeiss, doch er erwartet, dass sich das Verhalten mittelfristig ändern wird – auch aufgrund weiter steigender Temperaturen.

Klimawandel als Katalysator für neue Reisemuster

Zwei EU-Studien untermauern diese Einschätzung. Eine Analyse aus dem Jahr 2023 prognostiziert für die kommenden Jahrzehnte eine deutlich sinkende Nachfrage in südlichen Urlaubsregionen – während nördlichere Ziele an Attraktivität gewinnen. Eine zweite Studie zeigt, dass sich der Reisedruck in Südeuropa bereits in die kühleren Wintermonate verlagert – ein Effekt, der auch unter Nachhaltigkeitsaspekten positiv bewertet wird.

Und nicht nur der Norden profitiert: Auch Regionen wie der Hochschwarzwald berichten von vermehrten Sommergästen aus Südeuropa – ein mögliches Indiz für einen sich umkehrenden Reisesog, ausgelöst durch die zunehmende Hitze.

Fazit: Coolcation als Vorbote nachhaltiger Veränderungen

Ob sich aus den ersten Tendenzen ein dauerhafter Trend entwickelt, bleibt abzuwarten. Doch die Zeichen mehren sich: Der Klimawandel beeinflusst nicht nur Natur und Infrastruktur, sondern zunehmend auch das Verhalten von Reisenden. Für Destinationen im Norden und in gemäßigten Höhenlagen könnte dies eine Chance sein – sofern sie ihre touristischen Angebote verantwortungsvoll weiterentwickeln.

Weitere Informationen finden Sie im vollständigen Artikel der Tagesschau: Tagesschau.de – Coolcation.